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Gelten die 10 Gebote für uns Heute?

Es ist interessant zu sehen, dass der Rest des Gesetzes für Israel erst dann dazu kam, als Israel die persönliche Beziehung zu Gott ablehnte. Was die 10 Worte (wir nennen sie die 10 Gebote) für Israel angeht, sollten sie mündlich zu den Ohren jedes Einzelnen gesprochen, ins Herz gehen. Gottes Worte, so sagt die Bibel, sind Geist und Leben. Und das sollten sie für Israel auch sein. Sie waren erst einmal nicht als Gesetz gedacht, denn in 5 Mose 5 steht, dass Gott diesen Worten nichts hinzufügte. Erst als das Volk die Beziehung zu Gott ablehnte, kam der Rest des Gesetzes hinzu. Die lebendigen Worte Gottes trafen auf steinerne Herzen, und so wurden sie von Gott auf steinerne Tafeln geschrieben, als Gott Mose jetzt wieder alleine auf den Berg rief und das Gesetz kam hinzu: 2.Mose 24,12 - Und der HERR sprach zu Mose: Steig zu mir herauf auf den Berg und sei dort, damit ich dir die steinernen Tafeln, das Gesetz und das Gebot gebe, das ich geschrieben habe, um sie zu unterweisen! Statt der angebotenen Beziehung (dem Bund der Gnade) kam das Gesetz (der Partnerschaftsbund). Menschen, auch Christen, die nicht gelernt und verstanden haben, aus der Beziehung zu Gott heraus zu leben, aus Gnade, berufen sich auf das Gesetz und sie lieben das Gesetz, sie suchen es regelrecht. Ich frage mich oft, warum? Sie haben überhaupt nicht verstanden, dass das Gesetz Mose, so wie wir es in der Bibel haben, Israel gegeben wurde und nicht uns. Dennoch scheinen sie es zu brauchen, weil sich dadurch ihre Beziehung zu Gott definiert, weit ab von dem Neuen Bund in Jesus mit uns Menschen.

Wir haben ja schon gesehen, dass es eigentlich die „10 Worte“ und nicht die „10 Gebote“ heißt. Sie sind also keine Verbote oder Befehle, sondern waren als Weisungen gedacht oder auch als Hinweise. Nun ist weiter interessant, dass sich im Hebräischen diese „Worte“ statt mit „du sollst“ auch mit „du wirst“ lesen lassen. Auch das spricht davon, dass sie am Anfang eher als Ausdruck einer Liebesbeziehung und Gemeinschaft gedacht waren, als dass sie als Forderung verstanden werden sollten. Statt „du sollst keine anderen Götter neben mir haben“, kann man lesen „du wirst keine anderen Götter neben mir haben“. Also: Wenn Ich der Herr, dein Gott, bin und du in dieser wunderbaren Gnadenbeziehung zu mir lebst und mir vertraust, dann werde ich dich verändern, werde ich dich in mir reich machen und du wirst so erfüllt sein, dass du gar keine anderen Götter willst und haben wirst. Wer die Gnade Gottes verstanden und erlebt hat, der will und wird nicht sündigen. Den gleichen Ansatz vertreten später auch Paulus und Johannes.

 

Sind die 10 Gebote für uns denn nicht verpflichtend? Nun, man kann sich die Frage jetzt relativ leicht selbst beantworten. Im Grunde genommen nicht. Zum einen sind sie Israel gegeben worden und nicht der ganzen Menschheit, zum anderen zeigen sie uns Gottes Vorstellung von einem Leben, dass aus der Beziehung zu Ihm gelebt wird, aber nicht als Anspruch eines Gesetzes oder Gebotes. Es entwickelt sich automatisch, wenn der Mensch in einer Gnadenbeziehung zu Gott lebt, wo er keine Forderungen zu erfüllen hat, sondern in dieser Beziehung wächst und reift, bis der Charakter und Wille Gottes in ihm durchbricht. In der Zwischenzeit lebt er aus der Gnade, der Vergebung, und der Verwandlung seines Lebens in das Bild Jesu durch den Heiligen Geist (2 Kor.3,18).

 

Wenn das Gesetz uns überhaupt nicht gilt, warum spricht dann die Bibel so viel davon? Ganz einfach: Das Alte Testament ist die Bibel der Juden (die Gemeinde kommt da gar nicht vor, und wenn, dann nur symbolisch und andeutungsweise). Jesus spricht in den Evangelien zu Juden (ganz selten zu Heiden). Die Briefe sind zu großen Teilen zu Gemeinden aus gläubigen Juden geschrieben und ein Teil zu Gemeinden, die aus Juden und Heiden bestanden, wo es dann darum ging, wie man mit der Gesetzesfrage für die Heiden umgehen soll (vgl. Apg 15).

Die nicht-jüdischen-Völker stehen und standen nie unter dem jüdischen mosaischen Gesetz. Sie sind gesegnet und wurden erlöst durch den Segen des Abrahambundes in Jesus.

 

Was hat das Gesetz jetzt getan, das am Sinai zu Israel kam? Statt der persönlichen Beziehung des Gnadenbundes, in der sie damals hätten schon leben können, zeigte Gott ihnen, wie ein Leben aussieht, dass durch die Sünde von ihm getrennt ist. Er zeigte ihnen, wie grausam die Sünde ist, und dass wenn sie Menschen als Mittler wollen, um aus der persönlichen Distanz heraus sich durch Opfer und Werke Gott zu nahen, sie immer in ihrer eigenen Unvollkommenheit an seiner Vollkommenheit scheitern werden. Sie mussten erkennen, dass sie Erlösung brauchen. Sie sollten verstehen, dass wenn Gott sie aus Gnade zu sich ruft, sie auch kommen müssen. Er würde sie nach 1600 Jahren wieder rufen, als Jesus am Kreuz für sie und für uns alle starb.

Das Gesetz, was sie jetzt bekamen, hatte nur diese eine Aufgabe. Es war ihr Erzieher, ihr Zuchtmeister auf Christus hin. Gal 3,24-25 - Also ist das Gesetz unser Zuchtmeister auf Christus hin geworden, damit wir aus Glauben gerechtfertigt würden. Nachdem aber der Glaube gekommen ist, sind wir nicht mehr unter einem Zuchtmeister. Die jüdischen Christen in Galatien hatten dieses Problem, dass sie sich vom Evangelium zurück zum Gesetz bewegten. Und zu ihnen schreibt Paulus das. Er spricht hier als Jude zu Juden.

Im Römerbrief, ein Brief, der sich sowohl an Juden, als auch Nichtjuden richtet, schreibt Paulus über die Funktion des mosaischen Gesetzes: Röm 3,20 - Darum: Aus Gesetzeswerken wird kein Fleisch vor ihm gerechtfertigt werden; denn durchs Gesetz <kommt> Erkenntnis der Sünde. Das Gesetz brachte keine Erlösung, nur Segen oder Fluch in bestimmten Lebensbereichen. Je nach dem, ob man sich daran hielt oder nicht. Das Gesetz definiert erst, was verboten ist. In dem Sinn bringt es Erkenntnis der Sünde. Beim Gesetz ging es also um Tatsünden.

Jesus macht später aber deutlich, dass die einzige Sünde, um die es wirklich geht, die ist, ob die Menschen an ihn glauben oder nicht. Davon wird der Heilige Geist überführen und daraus wird sich auch durch den Heiligen Geist ein neuer Lebensstil ableiten. Der Heilige Geist verändert uns, dazu braucht es das Gesetz nicht. Mit dem Kommen von Jesus und dem Heiligen Geist hat das Gesetz seinen Zweck erfüllt.

 

Was war noch die Funktion des Gesetzes? Röm 4,15 - Denn das Gesetz bewirkt Zorn; aber wo kein Gesetz ist, <da ist> auch keine Übertretung. Es bewirkt eigentlich eine Trennung zwischen Gott und Mensch. Es bringt uns nicht näher ran. Es bewirkt den Zorn Gottes. Den hatte Israel dann zu Genüge zu spüren bekommen. Jesus hat, als er am Kreuz zur Sünde für uns wurde, diesen Zorn auf sich gezogen. Niemanden trifft heute der Zorn Gottes, solange er lebt und Jesus noch nicht wiedergekommen ist. Es ist Gnadenzeit. Wo kein Gesetz ist, ist logischer Weise auch keine Übertretung des Gesetzes möglich. Deswegen konnte Gott auch vorher innerhalb der Gnadenbünde so mit den Menschen umgehen, wie er es getan hat. Röm 5,13 - … denn bis zum Gesetz war zwar Sünde in der Welt (durch Adam und Eva schon); Sünde aber wird nicht zugerechnet, wenn kein Gesetz ist. Die Menschheit litt zwar unter den Folgen der Sünde, besonders dem Tod, aber Gott beurteilte das anders.

Israel wurde das auch angeboten und noch mehr, aber sie haben es anders gewollt. (Genauso, wie sie später einen König haben wollten, obwohl Gott gesagt hat, er will ihr König sein und sie sollen keinen haben.) Jetzt wurden sie also durch das Gesetz für ihre Taten verurteilt.

 

Durch das Gesetz hüllte sich Gott im Dunkeln, im Dunkel des Berges. Sie konnten seine wahre Natur, die er zeigen wollte, nicht erkennen. Dazu hätten sie, wie Mose, in das Dunkel hineingehen müssen. Auch zu Mose, sprach Gott wie zu einem Freund, obwohl Mose durch die Entscheidung des Volkes selber unter das Gesetz gebunden war. Aber Mose sah schon hinter diesen Vorhang. Mose war ein einzigartiger Prophet, der hinter das Gesetz schaute und die wahre Natur Gottes erkannte: 5.Mose 34,10 - Und es stand in Israel kein Prophet mehr auf wie Mose, den der HERR gekannt hätte von Angesicht zu Angesicht. Und so wird Mose zum prophetischen Vorbild von Jesus: 5.Mose 18,15 - Einen Propheten wie mich wird dir der HERR, dein Gott, aus deiner Mitte, aus deinen Brüdern, erstehen lassen. Auf ihn sollt ihr hören. Petrus verweist in seiner Pfingstpredigt auf diesen Vers und spricht dabei über Jesus (Apg.3,22). Jesus, der den Vater von Angesicht zu Angesicht kannte und von ihm ausgegangen war. Und von dem der Vater bei seiner Taufe sagte: Lk 9,35 - Dieser ist mein auserwählter Sohn, ihn sollt ihr hören!

 

Durch das Gesetz selbst aber Gottes wahre Natur erkennen zu können, ist so gut wie unmöglich. Jesus musste erst kommen und den Vater offenbaren, er musste den Schleier des Gesetzes wegnehmen. Paulus erklärt: 2.Kor 3,14-16 - Aber ihr Sinn (Israel) ist verstockt worden, denn bis auf den heutigen Tag bleibt dieselbe Decke auf der Verlesung des Alten Testaments und wird nicht aufgedeckt, weil sie <nur> in Christus beseitigt wird. Aber bis heute, sooft Mose gelesen wird, liegt eine Decke auf ihrem Herzen. Dann aber, wenn es sich zum Herrn wendet, wird die Decke weggenommen. Wir können heute beim Lesen des AT Gottes Liebe und Wesen schon erkennen, aber nur, weil wir es vom NT her lesen und verstehen können, von Jesus her.

 

Jesus hat das Gesetz erfüllt; er hat einen Neuen Bund geschaffen, in dem auch unsere menschlichen Schwächen und Versagen mit einkalkuliert sind, einen Gnadenbund auf ewig. Wenn wir untreu sind, bleibt er dennoch treu. Er lüftet den dunklen Schleier. Er führt uns in die Gegenwart des Vaters, auf den Berg, in seine Nähe und ruft: Komm!  

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Kommentare: 2
  • #1

    Reto (Donnerstag, 19 Mai 2022 12:47)

    Ja, die persönliche Beziehung zum Vater durch Jesus ist das, was wohl viele nicht wirklich verstanden haben und auch nicht leben.
    Aber gerade diese persönliche Beziehung in der Gnade bringt mir Freiheit und Freude, und verändert mich.
    Interessant, dass man bei den Geboten statt "du sollst" auch "du wirst" einsetzen kann. Das wusste ich noch gar nicht. Macht aber total Sinn.

  • #2

    Cloudsinfonie (Samstag, 02 Juli 2022 14:10)

    So klar und ermutigend. Nicht viele erklären es so verständlich und auch das neue Wissen darüber erfreut.
    Neue Sicht bedeutet Erkenntnis Danke sehr für diesen kostbaren Dienst.